Sehenswürdigkeiten in der Innenstadt von Calbe


Nach einigen hundert Metern eröffnet sich dem Besucher an der Saalemauer der Blick auf die Saale und das Panorama der Landschaft ostwärts der Stadt mit der großen Saaleschleife, dem Mönchsheger mit der alten Schleuse, dem ständig rauschenden Wehr und den Häusern von Gottesgnaden,einem Ortsteil von Calbe. Inmitten dieses Ortes bestand von 1131 bis 1563 das Prämonstratenserkloster "Gratia dei" (Gottesgnaden) mit einer großen Klosterkirche (vergleichbar mit der in Jerichow, nördlich von Genthin). Diese Kirche ist nach Verfall im Laufe der Zeit vollständig abgetragen worden. Die zum einstigen Kloster gehörenden Gebäude und Ländereien wurden bis 1945 als staatliche Domäne bewirtschaftet.
Ein Blick in Richtung Marktplatz zeigt ein im Jahre 1902 im Jugendstil errichtetes mehrstöckiges Wohn- und Geschäftshaus (einstmals Konditorei und Café "Hohenzollern"). Es ist das einzige Mehrfamilienhaus in Calbe, welches eine Wendeltreppe über mehrere Stockwerke hat. Die Zimmer haben alle Stuckdecken mit Ornamenten und Schmuckelementen. An dieser Stelle der Straße befand sich noch bis 1870 der Turm des "Bernburger Tores". Um einen Eindruck von der Stärke und Höhe der Stadtmauer von Calbe zu bekommen, geht man etwa 100 Meter die Neustadt hinauf bis zum Parkplatz. Dort sieht man einen beachtlichen langen Teil dieser zur Sehenswürdigkeit gewordenen Calbenser Stadtmauer nach ihrer vor einigen Jahren erfolgten Freilegung und Renovierung. An mehreren Stellen erreicht sie eine Höhe von 7 Metern. Zurück zur Bernburger Straße passiert man auf dem Weg zum Marktplatz links ein schön renoviertes altes Patrizierhaus mit Renaissancegiebel.

Auf dem Marktplatz der Stadt bieten sich dem Betrachter etliche Sehenswürdigkeiten: Die Anlage des Marktplatzes in Calbe mit seinen geraden Fluchtlinien läßt darauf schließen, dass er schon vor Jahrhunderten planmäßig angelegt worden sein muß. Und in der Tat wird dieser seinerzeit "Neuer Markt" genannte Marktplatz schon im Jahre 1160 in einer Urkunde des Erzbischofs Wichmann erwähnt. Schon 1168 erhielt Calbe als ein bekannter Handelsplatz mit der Einsetzung eines eigenen Richters in rechtlicher Hinsicht den Status einer Stadt. In ihr spielte sich schon damals ein reges Marktgeschehen ab. Um den heutigen Marktplatz gruppieren sich Geschäftshäuser, Wohnhäuser, Verwaltungshäuser und eine Gaststätte, die zumeist aus dem 16. bis 18. Jahrhundert stammen. Da ist zunächst als auffälliges Bauwerk das Rathaus zu sehen, das im Jahre 1876 im Neorenaissance-Stil aus Sandstein und gelben Hartbrannt-ziegeln erbaut wurde. Der Vorgängerbau von 1376 war im Jahre 1875 abgebrannt. Von ihm sind aber die Keller und die südliche aus Kalksteinen bestehen-de und noch gut erhaltene Giebelwand von außen noch erkennbar. Über den oberen Fenstern des Rathauses zierten in den kreisrunden Öffnungen noch lange in der DDR-Zeit die Köpfe von Kaiser Wilhelm I. , Bismarck und des Freiherrn von Stein die Frontansicht des Rathauses. Erst um 1975 sind die Büsten als nicht tragbar entfernt worden. Die Uhr am linken Flügel des Rathauses ist von Dr. Blencke, einem später in Magdeburg praktizierenden angesehenen Professor der Orthopädie, gestiftet worden. Er hatte Zeit seines Lebens regen Anteil am Geschehen in Calbe genommen. Unter der Freitreppe wurden 1956 bei Reparaturarbeiten bronzene Werkzeuge und Rohlinge eines bronzezeitlichen Handwerkers gefunden. Dieser Fundort beweist, dass das Gebäude des späteren Calbe schon vor rund 3000 Jahren besiedelt war. An der rechten Ecke des Rathauses erhebt sich auf einem Mauersockel der 4,5 Meter hohe Roland der Stadt Calbe. Er ist einer der 10 in Sachsen-Anhalt und der 21 in ganz Deutschland erhalten gebliebenen Rolande.

Bemerkenswert ist, dass nach der urkundlichen Ersterwähnung eines Rolandstandbildes nach Hamburg im Jahre 1342 und Bremen im Jahre 1366 der Roland von Calbe mit einer Ersterwähnung 1381 an dritter Stelle steht, noch vor den Rolanden von Zerbst (1385), Magdeburg (1419), Haldens-leben (1419) und Halberstadt (1433). Wie in Hamburg und Bremen hatten seinerzeit auch die Kaufmannschaft und die Bürger der Stadt Calbe ihre eigenständigen Rechte in Bezug auf das Marktgeschehen und die eigene Gerichtsbarkeit gegenüber der landesherrlichen Administration durch Aufstellung eines markanten Standbildes dokumentieren wollen. Calbe war damals durch den hiesigen Saaleübergang und zwei sich kreuzenden Handelsstraßen zu einer bedeutenden Handelsstadt geworden. Noch der Kupferstich von Merian aus dem Jahre 1644 gibt einen Eindruck von der einstigen wirtschaftlichen Bedeutung der Stadt. Die ihnen zugestandenen alten Rechte haben die Calbenser von jeher eifrig verteidigt und mit Stolz ihren Roland gepflegt. Für den stark verwitterten ersten Roland wurde im Jahre 1656 ein neuer Roland vor dem Rathaus aufgestellt. Dieser wurde zum Schutz vor Luftangriffen 1943 ausgelagert. Nach dem Kriege wurden davon nur noch stark beschädigte Teile aufgefunden, so dass an eine Restaurierung des Rolandes nicht mehr zu denken war. Der jetzige steinerne Roland ist 1976 vom Bildhauer Eberhard Glöss geschaffen und aufgestellt worden. Der Roland von Calbe ist der einzige Roland, der einen Helm trägt!

Rechts hinter dem Rathaus sieht man, zum Teil von Häusern verdeckt, einen Mauerturm der alten Stadtbefestigung nach der Saaleseite hin, den man den "Hexenturm" nennt, weil in ihm 1634 die angebliche Hexe Ursula Wurm gefangengehalten und gefoltert wurde. Seit dem Dreißigjährigen Krieg ist in ihm das Archiv der Stadt untergebracht. Seine Mauern sind bis zu einem Meter stark, durch seine Höhe ist er zu einem Wahrzeichen der Stadt Calbe geworden. Die rechts vom Rathaus befindlichen einstigen Patrizierhäuser stehen wie alle anderen am Markt stehenden Häuser unter Denkmalschutz: Zunächst mit der Nr. 17 die ehemalige Gastwirtschaft "Zur Weintraube", folgend die Nr. 16, ein 1651 erbautes Haus, das einst einem Fischmeister gehörte, dann die Nr. 15, einst das Grundstück eines Lohgerbermeisters, der sich hier in der Nähe des Wassers der Saale angesiedelt hatte. Bemerkenswert an dem Haus ist die barockartige Fassade und die Rokkoko-Haustür.Das rechts anschließende Wohnhaus (Nr.14) ist in flandrisch-flämischen Baustil im Jahre 1747 erbaut worden. Es gehörte dem hugenottischen französischen Tuchmacher und Schönfärber Jean Tournier, der sich über 40 Jahre für die Stadt Calbe verdient gemacht hatte. Zwischen den letzten beiden Grundstücken befindet sich ein schmaler Gang zur Saale hinunter. Das war einst eine von mehreren "Wasserpforten" zur Saale, durch die man Wasser zum Kochen, zum Bierbrauen, zum Waschen und zum Feuerlöschen holte.
Der rechts in der Südwestecke des Marktplatzes befindliche Fachwerkbau mit der Nr. 13 beherbergt seit 1651 den ältsten Gasthof der Stadt (noch bis in die zwanziger Jahre mit "Ausspann" für die Pferde), den "Braunen Hirsch" mit einem großen Hof. In den oberen Stockwerken des Gebäudes befindet sich die Heimatstube Calbe, in der in mehreren Räumen beachtenswerte Ausstellungen zur Geschichte der Stadt, zum Handwerk und zur Landwirtschaft gezeigt werden. Zu verschiedenen Themen ist Informationsmaterial zuhaben. Eine angeschlossene Kleine Galerie bietet den Besuchern Sonder-ausstellungen künstlerischer und allgemein interessierender Art an. Geöffnet ist die Heimatstube jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr. Das anschließende Eckhaus Nr. 12, ebenfalls ein mehrstöckiges Fachwerkhaus (aber verputzt), stammt aus dem Jahre 1653 und war lange Zeit ein Kaufhaus mit zwei Magazin-Böden. An der Westseite des Marktplatzes steht mit der Nr. 11 zunächst das Gebäude des ehemaligen "Hotels zur Sonne", das schon im 16. Jahrhundert erbaut wurde. Nach erfolgten Umbauten hat das Haus heute mehrere Wohnungen. Bemerkenswert an dem Gebäude ist das Sandsteinportal mit Ornamenten- und Figurenschmuck. In der alten Haustür ist noch das Gastwirtszeichen zu erkennen. Nach diesem "Hotel zur Sonne" hat die daneben liegende Gasse ihren Namen "Sonnengasse" erhalten. Das rechts anschließende Haus (Nr. 10) ist das schmalste Gebäude auf dem Markt, trotzdem war es früher ein altes Handelshaus mit einem hohen Dach, unter dem sich mehrere Böden befinden. Daneben schließt sich mit der Nr. 9 ein Ge-schäftshaus an, das schon vor 1600 erbaut wurde. In seiner Vorder-front ist eine "redende Hausmarke"einge-mauert. Das ist eine in Stein gemeißelte bild-liche Darstellung des Namens des seiner-zeitigen Besitzers Adam Kraft, der von 1581 bis 1599 Superintendent in Calbe war. Er hatte seinen Namen lateinisiert in "Crato". Diese seine Hausmarke beinhaltet einen Löwen als Symbol der Kraft, was seinem Familiennamen "Kraft" entsprach. Die nach rechts folgenden Häuser sind alte Handelshäuser mit hohen Dachböden, in denen sich die Magazine der Kaufleute befanden. Bemerkenswert ist, daß sie nicht wie anderswo mit den Giebeln zum Marktplatz stehen und keine nach vorne reichenden Balken für den Lastenaufzug haben. Die hier wohnenden Kaufleute hatten ihre Waren offenbar über viele Treppen herauf- und herabtragen müssen! Das Haus Nr.6 bewohnte offenbar ein vermögender und kulturell interessierter Kaufmann, denn er ließ in der Fassade seines Hauses eine Nische einbauen, in der eine Frauenfigur mit Merkur als Hauszeichen steht. Das letzte in dieser Reihe der Häuser ist die Stadtapotheke, die sich bereits seit 1760 in diesem Hause befindet. Die immer größer werdenden Nachfragen verlangten mehrfach Erweiterungen der Arbeits- und Lagerräume, zuletzt in umfangreicher Weise in den Jahren 1991/92.

Die anschließenden, vorgesetzten Wohn- und Geschäftshäuser Markt 1 bis 4 und Wilhelm-Loewe-Straße 40 bis 48 ziehen sich in einem Rundbogen um die Stephani-Kirche bis zum Platz "An den 7 Ecken". Diese Häuser waren im ausgehenden Mittelalter ursprünglich nur "Buden", die auf kircheneigenem Grund, dem ehemaligen Friedhof, der bis zum Markt reichte, erbaut werden durften. Später wurden das feste Budenhäuser, die alle keinen Hof besaßen, und noch heute gibt es hinter den Häusern keine Höfe. Interessant ist, dass sie alle noch bis in die neueste Zeit (etwa bis 1960) ihre Abgaben für die Nutzung des bis dahin kircheneigenen Grund und Bodens geleistet haben.

Wenden wir uns hier wieder der nördlichen bzw. östlichen Seite des Marktplatzes zu, so finden wir zuerst das Eckhaus eines ehemaligen Schuhmachermeisters mit einem hohen Giebel. Wegen der einstigen Hochwässer, die des öfteren bis zum Marktplatz vordrangen, hatte man die 1. Etage des Hauses ziemlich hoch gebaut, weswegen man die Eingänge nur über mehrere Treppenstufen erreicht. Das sich an-schließende, 1722 erbaute alte Geschäfts-haus hatte früher ein altes vorgebautes erkerartiges Schaufenster mit dazuge-hörigem stil-echtem Laden mit entsprech-ender Ein-gangstür. Fast baufällig wurde das Haus 1992 von einem Versandhaus aufwendig rekonstruiert, wobei das heutige Schaufenster aus technischen Gründen nur andeutungsweise den alten Schaufenstererker verkörpert.

Das alte Geschäftshaus Markt 22 mit seinem ehrwürdigen schönen Eingang war bis 1998 seit über 100 Jahren ein Uhrengeschäft. Über Eck steht ein altes Gebäude, das heute für Wohnzwecke genutzt wird. Vor dem 1. Weltkrieg befand sich darin ein Restaurant "Zum Ratskeller", nachdem der eigentliche Ratskeller im Rathaus zwischenzeitlich aufgegeben worden war. Als nächstes Gebäude sehen wir links neben dem Rathaus das ehemalige, 1696 errichtete Ratswaagehaus, wo verschiedene Waren gewogen werden konnten und wo man auch seine Gewichte eichen lassen konnte. Bemerkenswert an diesem Haus ist die Fassade mit seinen Neorenaissance-Schmuckelementen. Die seitliche flachbogige Toreinfahrt zur ehemaligen Mühle hat einen Randschmuck, dessen oberen Schlußstein ein Minervakopf (Minerva war die römische Göttin der Weisheit!) ziert. Unten an den Seiten der Toreinfahrt gewahrt man rechts und links große Granitstei- ne, die früher die Aufgabe hatten, die Getreidewagen beim Einfahren in die Mitte der Durchfahrt zu schubsen, damit nicht die Ecken der Häuser "mitgenommen" wurden. Oben vorne links in der Einfahrt sieht man eine Schleuderkugel eingemauert, die aus dem Dreißigjährigen Krieg stammt. Sie soll der Nachwelt zeigen, welche "Geschosse" man damals benutzte. Schade, daß keine Schleudermaschine aus jener Zeit erhalten geblieben ist. Bis 1945 erfolgte durch dieses "Mühltor" der Durchgang zur Mühle, zu den Sportanlagen auf dem Heger und zur Fähre. Dieses Ratswaage-haus steht auf einem Grundstück, das schon im Jahre 1371 als "theatrum" bezeich-net wurde. Das war nämlich das Schauhaus der Stadt Calbe, in dem die Gewand-schneider und Tuchhändler, vor Wind und Wetter geschützt, ihre Waren ausstellen konnten. Es war ein sogenanntes "Freihaus", von dem keine Abgaben zu leisten waren. Der Durchgang durch das Mühltor nach dem Heger war seit der Enteignung des Mühlenbesitzers Brückner 1945 in der Zeit der "volkseigenen" Mühle aus "Sicherheitsgründen" und heute aus technischen Gründen nicht mehr möglich. Nach der Fertigstellung des im Mühlgraben befindlichen Wasserkraftwerkes kann man über eine Stahlbrücke wieder zum Heger gehen. Ehe man den Markt verläßt, sollte man dieSt.Stephanikirche in Augenschein nehmen. Schon beim Herannahen an die Stadt, aus welcher Richtung auch immer, sieht man sie als erstes Wahrzeichen der Stadt Calbe, allein schon bedingt durch die 57 Meter hohen spitzen Türme. Diese Kirche ist eine der 40 dem heiligen Stephan geweihten Kirchen, deren Vorläufer schon um das Jahr 800 vom seinerzeitigen Bischof Hildegrim (+827) von Halberstadt im Gebiet zwischen Harz und Elbe bzw. Saale gegründet wurden. Man erreicht sie vom Markt her durch einen schmalen Zugang neben der Apotheke. Das Hauptschiff ist eine spätgotische Hallenkirche, erbaut zwischen 1400 und 1450.

Die Türme sind älter, sie sollen schon 1300 bis 1350 errichtet worden sein. Bei einem Rundgang um die Kirche stößt man zunächst auf die angebaute Wrangel-Kapelle mit einer Sonnenuhr. Der hoch aufragende Giebel dieser Kapelle ist der südlichste Ausläufer der norddeutschen Backsteingotik. An ihm ist über dem Portal noch gut das Wappen des Erzbischofs Ernst (1476-1513) zu erkennen, in dessen Regierungs-zeit der Bau dieser Kapelle fällt, die offenbar das Gotteshaus der Besitzer des Ritter-gutes in der Ritterstraße war. An der Südwand befinden sich große spätgotische Spitzbogenfenster, die viel Licht in das Kircheninnere fallen lassen. Dazwischen befinden sich starke mehrfach abgetreppte Strebepfeiler mit Wimpergen (gotische Ziergiebel) und aufgesetzten Wasserspeiern, von denen herab einst das Regenwasser vom Kirchendach abgeleitet wurde. Jeder der 6 an dieser Seite befindlichen Wasserspeier ist figürlich anders gestaltet. Von Osten nach Westen entdeckt man zuerst einen betenden Mönch, einen nackten Dudelsackpfeifer, einen reichen Mann, der sich den dicken Bauch hält, einen hockenden Mann, einen geflügelten Drachen und einen Hund. Am Südturm oben gewahrt man einen hervorragenden Balken, an dem sich früher der Lastenauf-zug für den städtischen Turmwächter oder Türmer befand, der dort oben seine Wohnung hatte. Zur Verständigung mit ihm benutzte man ein an der Turmwand befestigtes Sprachrohr, das aber nicht mehr vorhanden ist. Oben zwischen den Türmen ist vermutlich zur schmückenden Auffüllung 1602 eine Verbindungsbrücke mit einem Barocktürmchen erbaut worden. An der Nordseite der Kirche erblicken wir oben auf den Strebepfeilern ebenfalls Wasserspeier: Eine menschliche Gestalt, die sich mit gespreizten Fingern der rechten Hand die Nase zuhält, ein geflügelter Drachen mit weiblichen Brüsten, eine menschliche Figur mit Krallenhänden, der jetzt der Kopf fehlt, ein betender Mönch mit Vollbart, ein Untier, an dessen Maul die Beine einer Beute hängen, ein Jude mit mittelalterlichem Judenhut, der einer Sau den Hintern küßt und eine Frau mit Haube und über die Brust gelegten Armen. Näheres, vor allem über das Innere der Kirche ist in einschlägiger Literatur nachzulesen. Geht man dann vom Marktplatz in nördlicher Richtung zur Schloßstraße, so durchquert man die tiefstgelegene Stelle im Stadtgebiet. Alle Hauseingänge der hier umliegenden Häuser erreicht man jeweils nur über Treppen. Sie waren nötig, um sich vor Hochwasser zu schützen, das immer mal wieder auftrat. Noch in der jüngsten Vergangenheit passierte es, daß das Saale-wasser vom Mühlenhof herkommend bis in die Wilhelm-Loewe-Straße vordrang. Am Anfang der Schloßstraße steht das in roten Backsteinen ausgeführte in den Jahren 1887/88 erbaute Postamt, seinerzeit "Kaiserliches Postamt". Schräg gegen-über weitet sich die Schloßstraße erheblich aus. Hier war der "Alte Markt", auf dem noch bis etwa 1400 der Marktbetrieb vonstatten ging, ehe man vornehmlich den Neuen Markt nutzte, wohin man 1382 den Roland versetzt hatte. Auf der Schloßstraße etwa 200 Meter weiter findet man links die Neuapostolische Kirche. Dieses Gebäude war einst die schon im Jahre 1305 urkundlich erwähnte Heilig-Geist-Kirche. Sie war die Kirche des Hospitals (Krankenhaus) der " Stiftung zum Heiligen Geist", durch die seinerzeit Arme und Kranke versorgt wurden. Beide Gebäude entstanden aus mild-tätigen Stiftungen damaliger Zeit. Die Heilig-Geist-Kirche war zugleich auch die Kirche zweier anderer Stiftungen, die ebenfalls in diesem Terrain ihre Hospitäler oder Stiftshäuser für Arme und Kranke hatten. Die einzelnen Hospitäler standen ursprünglich dicht an der Straße, brannten aber 1683 bei einem großen Stadtbrand ab. Neue Gebäude wurden dann hinter der Kirche wieder aufgebaut, dann aber nach dem Neubau des Krankenhauses in der Hospitalstraße im Jahre 1867 alsbald (1877) wieder abgerissen. Erhalten geblieben ist bis heute das Kirchengebäude, das nun von der Neuaposto-lischen Gemeinde genutzt wird. Hier dicht hinter dieser Kirche verlief die nördliche Stadtmauer in Richtung Westen. Davor lag der Stadtgraben. Von beiden ist hier nichts mehr zu sehen, denn nach Auffüllung des Grabens im Rahmen der Erweiterung der Stadt wurde nach und nach die entstehende "Grabenstraße" mit Wohnhäusern bebaut. An dieser Stelle der Schloßstraße befand sich bis etwa 1870 das "Schloßtor" oder "Gröpertor". Die Baulichkeiten rechts davon gehörten zur ehemaligen Schloßdomäne. Im südlichen Teil dieses großen Areals stand das Calbenser Schloß, welches im April 1945 ein Raub der Flammen wurde. Der jetzige hier befindliche Supermarkt liegt etwa im Eingangsbereich der ehemaligen Schloßdomäne. Unser Weg führt uns weiter um das langgestreckte Gebäude herum, das einstmals der Ochsenstall für 200 Mastochsen der Domäne war (später war es bis 1945 eine Kaserne, danach 25 Jahre lang Berufsschule), in die Große Angergasse. An ihrem unteren Ende finden wir die im Sommer 1995 eingeweihte neue Hegersporthalle, in der seitdem von der "Turn-und Sportgemeinschaft Calbe" vielerlei Wettkämpfe ausgetragen werden. Calbe ist schon seit Jahrzehnten eine Hochburg des Hand-ballspiels. Mit seinen 21 Sektionen hat die TSG Calbe über 1200 Mitglieder.

Rechts liegen die Gebäude der Pestalozzischule (ehemaliger Kornspeicher der Schloßdomäne) und das Friedrich-Schiller-Gymnasium. Für denjenigen, der sich im Stadtgebiet noch andere Sehenswürdigkeiten ansehen möchte, seien die nachfolgenden Objekte zur Besichtigung empfohlen: Ein bemerkenswertes Baudenkmal ist die katholische Kirche in der Magdeburger Straße. Dieser Backsteinbau in neugotischem Stil ist dem Heiligen Norbert geweiht und in den Jahren 1870 bis 1871 erbaut worden. Zu dem Kirchenkomplex gehören noch die Pfarrei und ein Kinderheim. Gleichfalls von der Magdeburger Straße aus kann man im Bereich der freien Fläche an der Bushaltestelle den "Blauen Turm" mit Resten der ehemaligen Stadtmauer sehen. Er steht im Garten des ehemaligen Landratsamtes und war die Vorlage für das Wappen des Kreises Calbe (bis 1950), das einen Turm mit Zinnen und die Symbole für Elbe und Saale beinhaltete.

Die Laurentiuskirche steht auf dem zu einem Park umgestalteten Alten Friedhof (von der Bernburger Straße über die Kirchgasse zu erreichen). Dieser Kirchenbau stammt schon aus dem 12. Jahrhundert. Die runde Apsis am östlichen Giebel ist jedoch noch älter und gehörte wohl schon zum Vorläufer des heutigen Kirchen-gebäudes. Die Kirche bzw. ihre Vorgängerin ist dem heiligen Laurentius gewidmet worden, weil Kaiser Otto I. am Laurentiustag am 10.8.955 auf dem Lech-felde bei Augsburg die einfallenden Ungarn besiegt hatte. Zu Ehren dieses Ereignisses wurden überall in Deutschland Laurentiuskirchen gebaut, so auch die in Calbe, genauer gesagt in der Lorenz-(Laurentius-) Gemeinde, die außerhalb der Stadt Calbe lag. Später, ab etwa 1400, bildete diese Gemeinde mit zwei anderen Gemeinden zusammen die "Bernburger Vorstadt", deren Kirche die Laurentiuskirche blieb. Da die Vorstadt nicht so reich war wie die Stadt Calbe, erhielt die Kirche auch keinen Kirchturm, sondern nur einen in Fachwerk ausgeführten "Dachreiter"(Glockentürmchen). Sehenswert sind die an der Kirche und im Umfeld aufgestellten Grabsteine ehedem angesehener Calbenser Familien. Zu den sehens-werten Objekten der Stadt Calbe gehört auch der Komplex des Stadtkrankenhauses in der Hospitalstraße. Nach umfang-reichen Umbau-ten und Reno-vierungen, für die rund 11 Millionen DM ausgegeben worden waren, erstrahlen die beiden in den Jahren 1867 und 1877 mit roten Back-steinen erbauten Hauptgebäude seit 1996 in neuem Glanz. Ein neuer Eingangsbe-reich mit einer Cafeteria und das großzügig gestaltete Vorgelände findet allgemein großen Anklang. Mit modernsten Einrichtungen versehen erfüllt das Krankenhaus alle Forderungen an eine moderne medizinische Versorgung. Ein idyllischer Weg an der Saale ist die Kleine Fischerei, die man von der Bernbur-ger Straße aus erreicht. Hier im oberen Teil der schmalen Straße liegen die Häuser ehemaliger Fischmeister, die das Recht besaßen, auf der Saale bis Rosenburg Lachse und Störe zu fangen. Weiter unten in der Kleinen Fischerei stehen dicht an das Steil-ufer ange-schmiegt, wie an einer Kette an-einandergereiht, etliche kleine schmucke Einfa-milienhäuser. Schon beim Herangehen kann man an verschiedenen Stellen einen Blick auf die Saaleseite der Stadt Calbe werfen. Diese Seite nennt man hier "Klein Venedig", weil die Häuser so dicht an der Saale stehen und manche mit schrägen Stützpfeilern versehene Anbauten bis über das Wasser reichen. Noch in den zwanziger Jahren hatten nahezu alle dieser Häuser solche Holzanbauten, in denen sich manchmal auch die Schlafzimmer befanden. Manche waren auch Abstellräume, denn alle diese Häuser haben weder Hof noch Nebengebäude. Die Ursache für diese Bauart liegt darin begründet, daß vor Jahr-hunderten Neubürger der Stadt nur Zuzug erhielten, wenn sie ihre Häuser auf der Saalemauer errichteten. Da man auf Grund dessen weder Platz für einen Hof noch für Nebengelaß hatte, schuf man sich die beschriebenen Holzbauten mit Stütz-balken. Als bemerkenswertes Kuriosum der Stadt Calbe stellt sich die am Südende der Breite kurz vor der Neustadt nach links abzweigende kaum genutzte Gasse mit dem Namen "Hinter der Mauer" dar, der bei ehemaligen DDR-Bürgern wie auch bei anderen Besuchern einiges Schmunzeln hervorruft. Man erkennt aber gleich an Ort und Stelle, daß es sich hier um die alte Stadtmauer der Stadt Calbe handelt, hinter der die Calbenser schon immerhin einige Jahrhunderte leben!

Als letztes möchte ich hier den Wartenberg erwähnen.Der Wartenberg mit einer Höhe von 121m gehört zu dem sich von Norden nach Süden hinziehenden Endmoränenzug westlich von Calbe,der als Trennlinie zwischen derElbe-Saale-Aue im Osten und der flachwelligen mit Schwarzerde bedeckten Magdeburger Börde gilt. Auf der hösten Stelle des Wartenberges erhebt sich der Bismarckturm.Im Frühjahr 1904 wurde der Turm eingeweiht.Von 1949-1990 trug er den Namen VVN-Turm.