Bemerkenswertes in der Saalelandschaft im Süden von Calbe


Wenn man von Nienburg als Tourist, als Radwanderer oder auch einheimischer Spaziergänger auf der rechten Saaleseite von Süden her, also auf der Straße von Wispitz, in die Gefilde bei Calbe kommt, bemerkt man alsbald, dass die Straße kurz hinter Wispitz auf den Winterdeich der Saale führt. Dort gewahrt man rechterhand zwei einzeln stehende Häuser, von denen eines noch im 19. Jh. das Zollhaus oder "Chauseehaus" des Landes Anhalt-Bernburg war. Hier hatten die passierenden Kaufleute vor der Weiterfahrt bei der Einreise oder der Ausreise ihre Zollabgabe zu leisten. Auffällig ist beim Übertritt bzw. der Überfahrt ins Land Preußen die Veränderung des Straßenpflasters. Auf dem anhaltischem Gebiet findet man Kleinpflaster vor und auf preußischer Seite grobes Porphyrpflaster, das seinerzeit von den Preußen aus Sparsamkeitsgründen als billigeres Pflaster eingekauft wurde. Zur Dokumentation, dass man hier in das reichere Anhalt kam, ist im Kleinpflaster mit blauen Pflastersteinen das Wort "Anhalt" eingesetzt worden. Auch der Grenzstein, der die Grenze zwischen Anhalt und Preußen markierte, ist hier am Straßenrand noch erhalten. Heute bezeichnet er die Grenze zwischen dem Kreis Schönebeck, zu den Calbe gehört, und dem Kreis Bernburg. In Richtung Calbe fährt man weiter auf dem Deich um den großen Saalebogen, auf dessen Innenseite sich der "Hohendorfer Busch" befindet. Er war einst vor der Kanalisierung der Saale 1938 mit dem "Durchstich" unterhalb des Weinberges ein beliebtes Ausflugsziel der Calbenser. Seit dem ist nun der Promenadenweg zum "Busch" abgeschnitten. Am "toten Arm" der Saale, der sich um die "Busch"-Insel erstreckt, haben Angler etliche gute Angelplätze gefunden. Im Hintergrund sieht man das hohe Ufer der Saale, dessen Abhänge schon seit dem Mittelalter schon "Weinberg" genannt werden. Noch bis nach 1700 wurde hier tatsächlich Wein angebaut. In Richtung zur Stadt Calbe ziehen sich weitere Abhänge hin, die einst auch mit Weinstöcken bestanden waren. Auf der Betonstraße weiterfahrend erreicht man, eingerahmt von stattlichen Bäumen und Büschen, die Häuser von Tippelskirchen, einem Ortsteil von Calbe. Rechts von der Straße ist ebenes flaches Gelände, wo bis etwa 1720 noch die Bäume des "Schwarz`schen Busches" gestanden haben. Hier ist nach der 1956 letztmalig erfolgten Erhöhung des Saalewehres bei Calbe um 80 cm und der damit verbundenen Erhöhung des Saalewasserstandes auch der Grundwasserspiegel so weit angestiegen, daß sich ein ehemals fast verlandeter alter Saalearm wieder mit Wasser füllte und nun einen dichten Schilfbestand aufweist. Der ganze Bereich ist heute ein geschütztes Vogelschutz-Reservat. Das Vorhandensein der Siedlung Tippelskirchen, hier außerhalb von der Stadt Calbe, ist damit begründet, dass im Jahre 1705 der Forstmeister von Calbe hierher in ein eigens für ihn erbautes Haus zog. Vorhanden war hier damals schon ein Fährhaus, denn schon lange betrieb man hier eine Fähre über die Saale. Später siedelte sich dann auch eine Gastwirtschaft an, die davon profitierte, daß hier am Saaleübergang vor der Überfahrt noch mancher seinen Durst löschte. Diese später "Zum Brückenkopf" genannte Gaststätte ist dann um 1950 aufgegeben worden.

Auf der nach dem Plan "Deutsche Einheit" am 18. Mai 1996 fertiggestellten schönen roten Rundbogenbrücke eröffnen sich herrliche Aussichten über die Saale in Rich-tung Süden, wo im Hintergrund das neue Zementwerk bei Bernburg und davor rechts die Steilabhänge einschließlich des Weinbergs mit dem Busch- und Baumbe-stand sichtbar werden. Dicht links von der Brücke ziehen sich vom Saaleufer her, von Bäumen versteckt, schmale Spazierwege den Steilhang hinauf, an dessen obe-rem Rand einst die "Wunderburg" gelegen hat. Das war ein Festplatz mit labyrin-thischen Gängen, wo man in der Frühlingszeit zu rituellen Festen zusammenkam. Schon seit etlichen Jahrhunderten führte der alte Handelsweg von Hamburg über Magdeburg nach Leipzig hier bei Calbe über die Saale. Die erste Erwähnung einer Fähre stammt schon aus dem Jahre 1286. Hier am Abhang, wo noch heute einige Häuser stehen, befand sich nach dem Eulen-spiegelbuch von 1515 mit aller Wahrscheinlichkeit "der Flecken im magdeburgi-schen Land an der Saale", wo Till Eulenspiegel seine Jugend verbrachte. Es heißt "Eulenspiegels Mutter Ann Wibcken wohnte in einem Haus, dessen Hof an die Saale ging" (Historie 3 des Eulenspiegelbuches). Hier an dem damals viel schmale-ren Saalearm dürfte es gewesen sein, wo Till anfing "sich zu tummeln auf dem Seil". Hier fiel er auch ins Wasser "und badete tüchtig in der Saale". In der Nähe vollführte er auch das "hübsche Stück auf dem Seil" mit den Schuhen. Auch der Blick saaleabwärts ist lohnend, erkennt man doch auch hier einen großen Saalebogen mit Wiesen und Weiden. Im Hintergrund sieht man die alte und die neue Schleuse bei Gottesgnaden. Wenn man im Sommerhalbjahr Glück hat, kann man hier auf der Saale die Calben-ser Kanuten trainieren sehen. Der Kanuklub in Calbe kann auf Erfolge verweisen: zwei Olympische-Goldmedaillengewinner und ein Weltmeister stammen von hier. Die Brückenstraße aufwärts erreicht man die Nienburger Straße, die man rechts abbiegend dann in Richtung Innenstadt von Calbe weiter verfolgt. Schon nach etwa 50 Metern fällt am rechten Straßenrand ein Steinkreuz auf, welches vermutlich aus dem 14. Jahrhundert stammt. Es hat eine Höhe von 1,57 Metern und ist damit eines der wenigen von den über 1000 Steinkreuzen in Mittel- und Ostdeutsch-land, das höher als 1 Meter ist. Das Kreuz ist ein Sühnezeichen für einen begangenen Mord, welches der Mörder zur Sühne aufgestellt hat. Es sollte die Vorübergehenden zu einem Gebet für den an dieser Stelle Ermordeten auffordern. Der Weg führt uns dann weiter bis zum "Lindendreieck", wo wir nach rechts in die Bernburger Straße einbiegen, die bis zum Marktplatz führt.